Mein Name ist Christine Fieseler. Vor über 10 Jahren entschied ich mich, meinen Job im Einzelhandel zu kündigen und eine neue berufliche Richtung einzuschlagen. Ich begann am Empfang einer neu eröffneten Senioreneinrichtung in Bottrop zu arbeiten.
Dort hatte ich meine ersten Begegnungen mit pflegenden Angehörigen und erkannte schnell, dass besonders Angehörige von Menschen mit Demenz oft hilflos, überfordert und allein gelassen sind. Mir wurde klar, dass ich helfen wollte.
Obwohl ich damals wenig über Demenz wusste, konnte ich mich mit Unterstützung der Einrichtungsleitung zur Demenzberaterin qualifizieren. So konnte ich meine „Herzensangelegenheit“ in die Tat umsetzen und die Selbsthilfegruppe „Gemeinsam Stark e. V.“ für Angehörige von Menschen mit Demenz gründen.
Dank des Vertrauens in mich und meine Mission, konnte ich Anfang 2018 eine Weiterbildung zur Demenzexpertin absolvieren. Mit meinem erlernten Wissen und meiner langjährigen Erfahrung stehe ich den oft verzweifelten und ratlosen Angehörigen nun kompetent zur Seite.
Über Demenz spricht man nicht gerne. Obwohl das Thema in den Medien zunehmend präsent ist, bleibt es ein gesellschaftliches Tabu.
Wer spricht schon gerne über die Reise ins Vergessen? Diese sehr persönliche Angelegenheit ist mit vielen negativen Attributen verbunden: Vergesslichkeit, Orientierungslosigkeit, Kontrollverlust, Aggressivität. Das eigene Ich schwindet, und man entfernt sich immer mehr von der Person, die man einst war.
Betroffen sind jedoch nicht nur die Erkrankten, sondern auch die Angehörigen, die miterleben, wie die Kluft zu ihrem geliebten Menschen immer größer wird.
Durch meine langjährige Erfahrung als Mitarbeiterin in einer Senioreneinrichtung in Bottrop, habe ich immer wieder direkten Kontakt zu Betroffenen und ihren Familien. Rund 80% aller an Demenz erkrankten Menschen werden von ihren Angehörigen versorgt. Diese Bezugspersonen übernehmen eine oft schwere und verantwortungsvolle Aufgabe – und das über Jahre hinweg.
Die Teilnehmer und Mitglieder des „Gemeinsam Stark e. V.“ kommen aus unterschiedlichen Gründen in unsere Selbsthilfegruppe. Manche möchten mehr über die Krankheit und ihren Verlauf erfahren. Andere suchen nach Antworten, ob sie im Umgang mit ihren Angehörigen etwas falsch machen oder ob das Verhalten ihrer Liebsten „normal“ ist. Die Bestätigung, dass sie mit ihren Fragen und Problemen nicht allein sind und dass andere ähnliche Erfahrungen machen, bringt oft Erleichterung.
Im Laufe der Zeit verändert sich die Motivation der Teilnehmer. Während sie anfangs selbst viel Unterstützung benötigen, sind sie später in der Lage, neuen Mitgliedern der Gruppe Hilfestellungen zu geben.
Zu Beginn der Stunde begrüßen wir die Teilnehmenden. Zunächst besprechen wir Aktuelles und Organisatorisches. Neue Teilnehmende werden vorgestellt. Anschließend findet der Austausch unter den Teilnehmenden statt, bei dem Problematiken und Fragen gestellt, beantwortet und diskutiert werden.
Unsere Aufgabe ist es, den Gesprächen Struktur zu geben: Jeder soll zu Wort kommen, und störende Zwischengespräche werden vermieden. Wenn im Vorfeld Informationen zu einem bestimmten Thema gewünscht wurden, stellen wir entsprechendes Material bereit, um Hilfestellungen zum Austausch zu geben. Die Besprechung des Themas dauert in der Regel nicht länger als 15-30 Minuten.
Nach etwa 1 bis 1,5 Stunden beenden wir die Gruppenstunde mit dem Vorlesen einer Kurzgeschichte. Dies beruhigt sowohl die Teilnehmenden als auch uns.
Einmal sagte eine Teilnehmerin: „Der Wert dieser Gruppe ist mit Gold nicht aufzuwiegen.“ Tatsächlich freuen wir uns über jeden Teilnehmer, dem wir helfen konnten und können. Es geht nicht immer nur um Fragen zum Umgang mit den Erkrankten. Viele andere Themen wie Pflegegrad, Vorsorgevollmacht oder finanzielle Fragen im Zusammenhang mit einem Pflegeheim werden ebenfalls angesprochen und so gut wie möglich beantwortet – oft auch innerhalb der Gruppe.
Es erfüllt uns mit Freude zu sehen, wie jeder Teilnehmer gestärkt aus den Gruppentreffen hervorgeht und im Laufe der Zeit immer souveräner und sicherer im Umgang mit seinem demenziell veränderten Angehörigen wird. Das positive Feedback, das wir oft von den Gruppenteilnehmern erhalten, bestätigt uns, dass es richtig war, „Gemeinsam Stark e. V.“ – die Selbsthilfegruppe für Angehörige von Menschen mit Demenz – ins Leben zu rufen.